Welche Waffe fürs Sportschiessen Teil 1: 300m Gewehr Einstieg

Erstpublikation am: 07.02.2018

Zuletzt geändert am: 25.09.2023

Kategorien: Allgemein, Welche Waffe fürs Sportschiessen, Schützensport

Vorwort

Eine der ersten Fragen, nach «Will ich überhaupt schiessen» und «Was will ich überhaupt schiessen (also Pistole, Gewehr, Luft, Kleinkaliber und so weiter)» ist sicherlich jene nach der richtigen Waffe.

Um dem interessierten Leser den Schiesssport, in diesem Teil die Sparte Gewehr 300m, näher zu bringen, sind vier Artikel "nötig":

Einstieg:

Übersicht über die verschiedenen Gewehrklassen und ihre Vor- und Nachteile sowie die Gewehrdisziplinen 300m.

Ordonnanz:

Übersicht Über die Ordonnanzgewehre

Sport:

Übersicht über die Sport- und Freigewehre, sowie Vorstellung einiger Modelle.

Zubehör:

Zusammentragung der Weisungen des VBS und SSV über die erlaubten Hilfsmittel für Gewehre inklusive Klärung von Streitpunkten
 
Teil eins dieser Serie soll einen kurzen Überblick über die Disziplinen und die Waffen verschaffen. Viel Spass… 

Die Disziplinen

Es gibt dutzende 300m-Gewehrdisziplinen, von regional bis international. Alle hier aufzuzählen und zu erläutern wäre zu weit gegriffen.

Daher werden hier nur die drei Hauptstellungen angeschaut: Liegend, Kniend und Stehend. Aus diesen Positionen heraus ergeben sich dann die verschiedenen Disziplinen und Matches.

So gibt es Liegendmatches, bei welchen man 60 Schuss in liegender Position schiesst oder 3x20 Matches, bei welchen man je 20 Schuss in liegender, knieender und stehender Position schiesst. Daneben gibt es noch die "normalen" 300m-Wettkämpfe, die Bundesübungen, historische Schiessen...

Eine Übersicht der Wettkämpfe findet sich beim Schweizerischen Schiesssportverband.

300m liegend

300m Liegend ist quasi synonym mit dem 300m-Gewehrschiessen in der Schweiz. Zumindest wenn man einen xbeliebigen Hansel fragt, stellt er sich ziemlich sicher einen liegenden Gewehrfritzen vor.

Tatsächlich wird die Mehrheit der in der Schweiz angebotenen Stiche in liegender Position absolviert. Ausnahmen bieten nur spezielle Stellungsmatches oder historische Schiessen.

In dieser Disziplin gilt es also, im liegenden Anschlag eine Scheibe auf 300m Distanz zu treffen. Das hört sich einfach an, ist aber selbst mit zweibeingestützten Gewehren und stabilisierenden Schiessjacken kein Selbstläufer. 

 

Vorteile
  • Liegende Position erlaubt es, dass vom Jüngling bis zum Greise jeder mitschiessen kann
  • Sehr leichter Zugang und flache Lernkurve
  • Jungschützenkurse werden auf 300m liegend schweizweit angeboten
  • Quasi jedes Dorf hat einen 300m-Stand
  • Individuelle Wettkämpfe sowohl auch Teamwettkämpfe werden angeboten
Nachteile
  • Für Menschen mit körperlichen Gebrechen kann das Liegen, bzw. das Abliegen und Aufstehen, sehr mühsam sein
  • Sehr kompetitives Umfeld
  • Leicht zu lernen, schwer zu beherrschen - gute Ergebnisse erfordern viel Übung

300m Kniend

Kniend zu schiessen ist eine Kunst für sich. Die Position will gelernt sein (abgesehen davon, dass sie reglementiert ist) und das Zielen ist ungleich schwieriger als liegend.

Meist wird kniend in einem Mehrstellungsmatch geschossen, also als Bestandteil und nicht Hauptstellung.

300m Stehend

Ebenfalls Teil von Matchprogrammen ist die stehende Position. Sie ist inheränt am instabilsten, das schlägt sich auch in den Resultaten von Spitzensportlern nieder. In der Regel kommt das Stehendschiessen auf 300m nur in Dreistellungsmatches vor, als letzte Disziplin. Man stellt sich also durch den Wettkampf hindurch auf - erst schiesst man liegend, dann kniend, dann stehend.

Die Waffen

Ordonnanzgewehre

Der Geschichte des 300m-Gewehrschiessens geschuldet - es soll eine ausserdienstliche Vertiefung der Schiess- und Wehrfähigkeit des Schweizer Soldaten darstellen - sind vor allem Ordonnanzgewehre geläufige Waffen. Dies umfasst vom alten Karabiner 96/11 bis zum "modernden" Sturmgewehr 90 alle Waffen, die als Schweizer Ordonnanz geführt wurden. 

Das heisst aber nicht, dass man mit dem Ordonnanz-LMG25 auftauchen kann - Ordonnanz bezeichnet hier die persönliche Waffe des Soldaten, kein Korpsmaterial. Also auch kein Sturmgewehr 07 oder Scharfschützengewehr 04. 

Die Grundlage der erlaubten Ordonnanzwaffen bietet das Hilfsmittelverzeichnis für Ordonnanzwaffen, welches eben die Waffen, wie auch das Zubehör dazu reguliert. 

Anders als im Pistolenfeld ist dies für die Gewehrler nicht so ganz kompliziert gehalten und einiges eindeutiger.

Die erlaubten Ordonnanzwaffen sind dann auch klar geregelt:

  • Karabiner/Langgewehr 96/11
  • Karabiner/Langgewehr 11
  • Karabiner 31
  • Sturmgewehr 57
  • Sturmgewehr 90

Das Sturmgewehr 57 indes wird in zwei Kategorien aufgeteilt:

  • Sturmgewehr 57/02
    Möglichst nahe an original Ordonnanz, das heisst, recht wenig Zubehör erlaubt
  • Sturmgewehr 57/03
    "Sporterisierung" des Sturmgewehr 57, viel Zubehör erlaubt, darunter auch Sportläufe, Sportdiopter, Wasserwaagen, usw.
Vorteile
  • Dank Leihwaffen und Militärdienst ist der Zugang zur eigenen Waffe relativ leicht
  • Die Ordonnanzwaffen unterscheiden sich beträchtlich, für jeden ist was dabei
  • Besonders Sturmgewehr 57 kann nach persönlichen Vorlieben modifiziert werden
  • Karabinerschützen haben Stil
  • Karabiner dürfen in jedem Alter aufgelegt geschossen werden
  • Die Ordonnanzwaffen werden in Kategorien eingeteilt, was der Fairness dient
  • Ordonnanzwaffen dürfen aufgelegt (entweder Zweibein oder Auflage) geschossen werden, weshalb man auch im Tshirt und kurzen Hosen treffen kann
Nachteile
  • Es dürfen nur die Schweizer Ordonnanzwaffen geschossen werden, andere Gewehre sind nicht erlaubt
  • Ohne Aufrüstung hat man keine Chance auf vordere Plätze
  • Aufrüstung kann recht teuer werden

Sportgewehre

Wie der Lauf der Dinge so ist, haben sich im Laufe der Zeit Sportgewehre etabliert - also Gewehre, die speziell gebaut wurden, um möglichst gut zu treffen. 

Diese werden unterteilt und Standard- und Freigewehre. Unterscheiden tun sie sich nicht gross - einer der wesentlichen Unterschiede ist aber das Abzugsgewicht. Bei Freigewehren ist dieses frei wählbar, bei Standardgewehren reglementiert. So darf man dann auch erst ab dem 70. Altersjahr mit Freigewehren liegend schiessen - für alle jüngeren Schützen hat ein Freigewehr eine Kniendstellung zur Konsequenz.

So bedient sich die Breite masse an Sportschützen denn auch dem Standardgewehr. Meist im Kaliber GP11, seltener im ISSF-Kaliber 6mm und ganz ganz selten in 5.56mm gibt es sie in verschiedenen Ausführungen. Zubehör darf auch ordentlich drangemecht werden.

Ein wesentlicher Punkt des Sportgewehrschiessens ist allerdings der, dass das Gewehr liegend frei geschossen werden muss - also weder ein Zweibein, noch eine sonstige Ablage verwendet werden darf. Dies wiederum hat zur Folge, dass fast auf spezielle Kleidung zurückgegriffen werden muss.

Vorteile
  • Präziseste Gewehrart
  • Sehr frei im Zubehör
Nachteile
  • Kranzlimiten sehr hoch
  • Spezielle Schiesskleidung ist fast unabdingbar
  • Extrem kompetitives Feld
  • Sportgewehre sind auch ohne Zubehör sehr teuer
  • Dürfen nur liegend frei geschossen werden

Das Umfeld

Schiessen auf 300m kann man in der Schweiz beinahe in jedem Dorf. Aber wie sieht so ein Schiessstand von innen aus und wie funktioniert das mit den Trefferanzeigen?

Der Schiessstand

Grob gesagt besteht ein Schiessstand aus mindestens zwei Komponenten: Dem Zielhang und den Lägern. Heute trifft das aber fast nur noch auf historische Schiessen oder solche, die das Feldschiessen wörtlich nehmen, zu.

Ein einigermassen moderner Schiessstand bietet ein Gebäude, einen Wartetraum für die Schützen, Warnerpulte, Läger, Trefferanzeigesysteme und natürlich den Zielhang mit den Scheiben. 

 

Der Zielhang

300m (+/- etwas Toleranz) entfernt steht der Zielhang. Dort befindet sich die Infrastruktur für die Zielscheiben, auf die geschossen wird sowie der Kugelfang gleich dahinter, damit die Bleikugeln nicht in die Umwelt gelangen.

Führender Hersteller (weltweit) der Zielanlageninfrastruktur ist SIUS Ascor, eine Schweizer Firma mit Sitz in Effretikon. Die Scheiben sitzen auf einem gewichtsgelagerten Rahmensystem und können vom Schiessstand aus per Knopfdruck hoch- und runter gefahren werden, bzw getauscht werden. In einem Rahmen befinden sich nämlich zwei Scheiben; Jeweils eine davon ist sichtbar. 

Ebenfalls im Rahmen sind die Schussabnehmer, die den Einschlag per Lärmtriangulation erfassen. Früher wurde der Treffer noch von so genannten Zeigern per Auge und Hand ausgewertet und mittels Kelle angezeigt. Heute (seit den 80ern) geht das elektronisch.

 

Die Zielscheiben

Vornehmlich wird im 300m-Schiesswesen auf die so genannte A- oder B-Scheibe geschossen. Beide sind einen Quadratmeter gross und unterteilt in zehn Kreise. Die A-Scheibe bildet dabei einen schwarzen Zentrumskreis reis auf weissem Grund, die B-Scheibe ist eine Mannsscheibe und bildet eine grüne Feindsilhouette auf braungrün getarntem Hintergrund ab.

Beim Obligatorischen beispielsweise wird erst auf die A-, dann auf die B-Scheibe geschossen. Beim Feldschiessen wird nur die B-Scheibe genutzt.

Es gibt aber noch weitere Scheiben, für spezielle Schiessanlässe, so zum Beispiel die Wildsau, der Kürbis, die Rütlischeibe und weitere. Damit dieses Kapitel nicht ausufert, wird in naher Zukunft ein separater Artikel erscheinen, der sich mit den Zielscheiben, den Trefferanzeigen und dem Wertungssystem im Detail befasst.

Die Warnerposition

Als Warner wird die Person bezeichnet, die pblicherweise an einem Pult hinter dem Schützenläger sitzt. Sie hat die Verantwortung, dass das Schiessprogramm ordentlich abläuft. Dazu wird die Trefferanzeige mit dem Schiessprogramm programmiert (üblicherweise via Strichcode) und die Übersicht über das Schiessprogramm gewahrt. 

Auch kann der Warner Unterstützung für den Schützen bieten, etwa bei einer Waffenstörung.

Auch eine wichtige Aufgabe, vor allem bei Schützenfesten mit vielen Teilnehmern, ist das Durchsetzen der korrekten Reihenfolge der Teilnehmer. Als Schütze legt man sein Standblatt dem Warner hin, dieser sollte es unter die bereits daliegenden Standblätter schieben. Hat der Warner keine Übersicht kann es sein, das gewisse Heimlifeisse ihr Standblatt einfach an die erste Stelle legen und somit die Wartezeit umgehen. 

Das Schützenläger

Als "Läger" bezeichnet man die designierte Stelle, wo der Schütze sich inpflanzen kann. Entweder direkt am Boden oder auf höher gelegten Gestellen liegt der Schütze meist auf einer Gummimatte (oder bei sadistischen Ständen auf einer Matte aus stechenden Kokosfasern). In der Regel su seiner Rechten ist die Trefferanzeige, daneben meist ein Hülsenfänger. Vorderhand geniesst er einen tollen Ausblick auf den Zielhang, umrahmt von Schussabnehmern und (hoffentlich) einer Sonnenblende.

Die Trefferanzeige

Waren es früher kellenschwingende Freiwillige, die die Zielscheiben von Hand und Aug auf treffer untersuchten, übernimmt diese Aufgabe seit den 80ern eine elektronische Trefferanzeige. Die früheren Modelle gehen von simplen LEDs, über grün flimmernde CRT-Displays bis zu der heute gebräuchlichen Anzeige.

In der Schweiz haben sich drei Anbieter für Trainingssysteme (also Zielscheiben- und Trefferanzeigeninfrastruktur) etabliert:

  • SIUS Ascor, der Weltmarktführer aus Effretikon
  • Polytronic International, der Konkurrent aus Muri
  • Imetron Sintro, der neue im Bunde aus Ringgenberg

Unterschieden sich die Anbieter früher in der Anzeige, sehen die Darstellungen mittlerweile mehr oder weniger ähnlich aus. Die Scheibe mit den Treffern nimmt den grössten Teil der Anzeige ein, rechts daneben die Trefferwertungen und das jeweilige Schiessprogramm.

Zusammenfassung

In diesem Artikel hat man einen ersten Einblick ins 300m-Gewehrschiessen erhalten, von den Disziplinen über die Waffen zum Schiessstand selbst.

In den nächsten Artikeln wird detailliert auf die Ordonnanz- und Sportwaffen sowie deren Zubehör eingegangen.

Weiterführende Links

Informationen zu Schiesswettkämpfen vom SSVSIUS AscorPolytronic InternationalImetron SintroSchiesswesen ausser Dienst

Quellenangaben

Sofern nicht anders angegeben fallen die verwendeten Medien nicht unter eine Verwendungslizenz und sind frei verfügbar, respektive Public Domain

NaturAktiv / Waffenbörse
  • Infanteriegewehr 96/11
  • Karabiner 11
  • Karabiner 31
  • Sturmgewehr 57/02
  • Sturmgewehr 57/03
  • Sturmgewehr 90
  • SIG Sauer 205
  • Bleiker Freigewehr
Schützenverein Neunkirch
  • SIUS Rahmenanlage
  • SIUS 8800 Trefferanzeige
  • Schütze kniend (2 Bilder)
  • Schütze stehend (2 Bilder)
  • Ansicht Kugelfang
  • Warnerpulte
Kuert Druck AG
  • A-Scheibe
  • B-Scheibe
  • Wildsauscheibe
  • Rütlischeibe
VBS/DDPS - Clemens Laub
  • Titelbild / Schützen, 300m liegend
  • Elektronische Trefferanzeige SIUS
VBS/DDPS - Dominique Schütz
  • Zielhang mit B-Scheiben
  • Schützenhaus von Aussen
VBS/DDPS - André Scheidegger
  • Ältere Polytronic Trefferanzeige
Archiv/Eigentum schussfreude.ch
  • Gewehre Kantonalschützenfest Bern

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